Bluthochdruck senken durch Yoga-Atmung

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Thomas Mengden: Bluthochdruck senken durch Yoga-Atmung – Hypertonie: Stress als Ursache erkennen und aktiv ausschalten, 148 Seiten, 22 Abbildungen, TRIAS Verlag Stuttgart 2023, Preis: 19,99 € (D), ISBN: 978-3-432-11707-2.

Bluthochdruck senken durch Yoga-Atmung, Buchrezension

Er kommt mit leisen Schritten daher, tut nicht weh, bleibt lange unbemerkt und birgt ein hohes Gesundheitsrisiko für die Blutgefäße und Organsysteme. Dauerhaft zu hoher Blutdruck betrifft längst nicht mehr nur ältere Menschen, sondern auch immer mehr junge Erwachsene, sogar Jugendliche und Kinder. Neben Bewegungsmangel, zu salzigem Essen, Adipositas, Fettstoffwechselstörungen, Rauchen und genetischen Dispositionen zählt in nicht unerheblichem Maß ständiger Stress zu den Ursachen von Hypertonie. Selten kommt ein einziger Auslöser in Frage, weshalb Hypertonie bezüglich ihrer Entstehung, Behandlung und Prävention ganzheitlich betrachtet und individuell bewertet werden muss. Immer noch nehmen viele Menschen die Gesundheitsrisiken ihrer Hypertonie nicht ernst genug.

Professor Mengden macht die Zusammenhänge von Stress und Hypertonie zum Kernthema seines Buchs und fokussiert die Therapiewirksamkeit von „entschleunigtem Atmen“ zur Senkung des Bluthochdrucks. Als Kardiologe, Angiologe und klinischer Hochdruckspezialist ist es ihm zudem ein Anliegen, ausführlich über die gesamte physische und psychische Komplexität krankhaft erhöhter Blutdruckwerte und deren Folgen aufzuklären. Gleich zu Beginn seines Vorworts motiviert er eine Reihe von Zielgruppen, selbstverantwortlich an der Prävention und Therapie ihrer persönlichen Blutdruckwerte mitzuwirken, sei es durch einen gesunden Lebensstil bei genetischer Vorbelastung oder bei nicht medikamentöser Therapie durch salzarme Ernährung und Stressabbau durch Bewegung und Entspannung oder durch gezielte Entspannungsverfahren zur Unterstützung der medikamentösen Blutdrucksenkung. Nicht zuletzt gelten diese Empfehlungen auch für Menschen, bei denen Stress bereits zu einer Krankheit wie Burnout oder Herzinfarkt geführt hat.

Das Buch ist gegliedert in einen einführenden Teil in medizinische Grundlagen, einen Praxisteil mit Anleitungen zu Yoga-Übungen und Yoga-Atmung sowie in einen Ratgeberteil mit Empfehlungen zur Optimierung der Übungs- und Therapiepraxis. Im ersten Kapitel erläutert der Autor, wie anhaltender Stress zu Bluthochdruck führt. Dafür vergleicht er zunächst den Stressfaktor „Säbelzahntiger“ des Steinzeitmenschen mit den Stressoren des Neuzeitmenschen. Der Steinzeitmensch konnte nach erfolgreicher Flucht vor dem gefährlichen Tier seine vom Sympathikus (Stressnerv) angeregte Adrenalin- und Cortisolausschüttung rasch wieder abbauen. Der Parasympathikus schaltete den Vagus (Ruhenerv) ein und sorgte für Ruhe und Erholung von Blutgefäßen, Herz, Muskulatur und Atmung. In unserer modernen Leistungsgesellschaft haben die Menschen permanent Stress, der durch Zeitdruck, Erfolgszwang, familiäre Sorgen und / oder Versagens- und Verlustängste ausgelöst wird. Der Sympathikus steht ständig auf „dem Gaspedal“, wodurch die vegetativen und hormonellen Reaktionen den Kreislauf und damit auch den Blutdruck zu lange auf Hochtouren halten. Der Vagus bekommt kaum Gelegenheit auf die „Bremse“ zu treten, was wiederum zu Ein- und Durchschlafstörungen führt. Der Vergleich zeigt, dass die für die Kampf- und Fluchtbereitschaft notwendigen Stressreaktionen von heute genau die gleichen wie die in der Steinzeit sind. Doch der Stressabbau, die Stressbewältigung und die Regeneration bleiben beim modernen Menschen auf der Strecke, sodass zwischen Vagus und Sympathikus kein gesundes Gleichgewicht mehr gewährleistet ist. Das heißt, auch der Blutdruck hält seine erhöhten Werte auf ungesundem Niveau, verengt und verhärtet auf Dauer die Arterien und Koronargefäße. Wie sensibel die Gefahren anhaltender Stressbelastungen kommuniziert werden müssen, zeigen auch die Aussagen des Psychokardiologen Jochen Jordan auf die Fragen des Autors nach den psychologischen Hintergründen zu Zusammenhängen von Dauerstress, Hypertonie und Herzinfarkt sowie zu Wirkungsweisen von Entspannungsverfahren als therapeutische und präventive Anwendungen. Abschießend beschreibt dieses Kapitel, wie Puls und Atmung zusammenhängen.

In den folgenden Kapiteln bespricht Thomas Mengden einfühlsam und patientengerecht weitere Grundlagen, wie beispielsweise Funktion und Messungen des Blutdrucks, systolische und diastolische Hypertonie, Gefahren des chronischen Bluthochdrucks, Beruhigung von Herzschlag und Puls durch verlangsamte Atmung, Anatomie und Physiologie der Lunge sowie die autonom und willentlich gesteuerte Atmung. Anatomische Zeichnungen und Grafiken veranschaulichen die Theorie. Mit einem Interview mit Yoga-Lehrerin Ines Mikisek zum entschleunigten Atmen fließen die theoretischen Grundlagen nahtlos in die Übungspraxis des Yoga über. All dieses Wissen ist voraussetzend, um Bluthochdruck und Therapieformen zu verstehen und damit selbstkontrollierend umgehen zu lernen. Daraus kann Bereitschaft wachsen, sich auf Entspannungsverfahren einzulassen und diese als Lernwege zum Stressmanagement zu nutzen.

In diesem Buch steht Yoga als Beispiel für viele andere achtsamkeitsbasierte Entspannungsverfahren, die durch ihre meditative Übungspraxis auf Körper, Geist und Seele ausgleichend wirken. Der Grund dafür dürfte sein, dass Yoga hierzulande sehr populär geworden ist und von vielen Menschen als Sportart gesehen wird, zu der sie eher Zugang haben als zu einer weniger bekannten Methode. Der ursprüngliche Yoga war geprägt von Yoga-Haltungen. Dank neuen Erkenntnissen aus der Sportmedizin, der Biomechanik und der Faszienforschung wird nun mehr ein „bewegender“ Yoga, der sich der funktionellen Gymnastik annähert, praktiziert. Wie bei anderen Verfahren wie Qi Gong, Feldenkrais, Tai-Chi oder Autogenes Training belegen wissenschaftliche Studien die Wirksamkeit der bewussten und verlangsamten Atmung auf die Senkung des Bluthochdrucks; regelmäßiges und geduldiges Üben ist natürlich voraussetzend. Es dauert eine Weile, bis sich die individuell geeigneten Übungsformen verinnerlicht haben und ihre Wirkung zeigen. Auch ein langsamer Weg führt zum Ziel. Daher ist die Aussage „Bluthochdruck einfach wegatmen“ auf der vierten Umschlagseite weder zutreffend noch zielführend.

Als Gastautorin stellt Ines Mikisek die Übungspraxis des Yoga vor. Zum Einstieg erläutert sie die entspannungsfördernde langsame Bauchatmung und regt an, diese zur Einstimmung auszuprobieren, um den Sinn des längeren Ausatmens und des kürzeren Einatmens zu spüren. Es folgen Hinweise zu liegenden und sitzenden Körperpositionen, die das Atmen und die Atemübungen erleichtern, auch mit Tipps zur Unterlagerung bestimmter Körperteile für eine bessere Entspannung. Dann leitet sie Dehnungs- und Mobilisierungsübungen zur Vorbereitung der Atemräume und -muskeln auf die Yoga-Atemtechniken an. Die Anleitungen sind illustriert, sodass Übungspositionen und Bewegungsabläufe gut nachvollziehbar sind. Die Übung „Der Fisch“ zur Dehnung der Brustmuskeln ist allerdings eher abschreckend als einladend dargestellt. Die zwei Abbildungen zeigen jeweils eine völlig überstreckte Wirbelsäule (LWS, BWS und HWS) in Rückenlage; auf dem zweiten Bild sind zudem BWS und Kopf jeweils mit einem viel zu hohen Yoga-Klotz unterlagert. Auch der Text irritiert, hier heißt es unter anderem: „…Bringen Sie [in Rückenlage] die gestreckten Arme unter Ihren Oberkörper.“ – Zur Erlernung der bewussten Atemlenkung schlägt die Autorin ein „4-Wochen-Programm“ vor, um zum einen für die tiefe Bauchatmung eine gewisse Übungsroutine zu erlangen und zum anderen bei kürzerem Einatmen und längerem Ausatmen die Atemfrequenz pro Minute allmählich verringern zu können. Der so verlangsamte Atem bildet die Basis für die 4-Phasen-Atmung und für die typischen Yoga-Atemtechniken. Zwei davon beschreibt sie: Die „Ozeanische Atmung“ ist eine Nasenatmung mit geschlossener Stimmritze. Die Luft kann gleichmäßig wie eine Welle in alle Atemräume fließen und wieder heraus. Einatmung und Ausatmung sind bei dieser Übung gleichlang. Bei der „Wechselatmung“ wird nur durch ein Nasenloch eingeatmet und durch das andere wieder ausgeatmet. Mit Daumen und Ringfinger werden die Nasenlöcher im Wechsel zugehalten und geöffnet, sodass einmal durch das eine Nasenloch eingeatmet und durch das andre ausgeatmet wird. Dann folgt der Wechsel. Diese Übung verlangt viel Aufmerksamkeit und fördert dadurch die Konzentrationsfähigkeit und die Lungenkapazität. – Es folgen noch Erklärungen zu Wechselwirkungen zwischen Atmung und Entspannung. Dazu werden Beispiele auch von anderen Entspannungsverfahren angeführt. Der Beitrag der Gastautorin endet mit einer Anleitung zu einer meditativen Kurzpause.

Im Ratgeberteil geht Thomas Mengden auf weitere interessante Themen ein. Sehr aufschlussreich ist sein Beitrag über die positiven Veränderungen des Gehirns beim Meditieren. Im neurowissenschaftlichem Tiefgang erörtert er die stillen Reserven des Gehirns oder seine Neuroplastizität sowie die Zunahme von Nervenzellen im Hippocampus. – Hilfreich für Menschen, die sich nur schwer auf Meditation einlassen können, sind die Erklärungen zur Anwendung von Biofeedback des Blutdrucks. Eine appgestützte Yoga-Atmung zur Atemtaktung und kontrollierten Blutdruckentspannung, „BP-Relax“, auch eine Art Biofeedback, wird noch getestet. – Sehr wichtig sind die Empfehlungen und Vorschläge zu regelmäßiger Bewegung. Erwiesenermaßen können Ausdauertraining, Spaziergänge, Schwimmen, ja sogar Gartenarbeit den Blutdruck senken, den Ruhepuls verbessern und den Vagus stärken. Wichtig zu wissen ist auch, mit dem Sport nicht zu übertreiben; es darf kein zusätzlicher Stress entstehen.

Fazit

Am Schluss des Buchs sind die zehn wichtigsten Botschaften zur Blutdrucksenkung zusammengefasst. Und wie es sich gehört, gibt es auch ein Quellen- und Sachverzeichnis sowie Literaturempfehlungen des Autors.

Cornelia M. Kopelsky
Freie Fachjournalistin und Fachautorin
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